Ernte der Bohnsdorfer Quitte - Künftig soll es mehr Streuobstwiesen im Bezirk geben.
Der Volksentscheid mit dem Ziel, Berlin bis 2030 klimaneutral zu gestalten, ist gescheitert. Das bedeutet aber nicht, dass es keine Pläne und Maßnahmen gibt, den Weg dahin zu gestalten und bestenfalls auch ohne Volksentscheid nicht nur die entscheidenden Weichen zu stellen, sondern wesentliche Ziele zu erreichen. Als Bezirksbürgermeister von Treptow-Köpenick ist es mir ein Anliegen, in unserem Bezirk die Weichen dafür zu stellen. „Der Maulbär“ hatte bereits angekündigt, dass mein Plan in Kürze veröffentlicht wird, ohne jedoch die Details recherchiert zu haben: https://maulbeerblatt.com/aktuell/wird-treptow-koepenick-bis-2030-klimaneutral/. Tatsächlich arbeitet der Bezirk schon lange daran – mit dem Agenda-2030-Prozess und der als erster Bezirk erarbeiteten Kommunalen Nachhaltigkeitsstrategie. In diesem Artikel stelle ich den – bei weitem nicht abschließenden – Plan zur Diskussion. Er ist eine Einladung zum Mitdiskutieren – und zum Mitmachen.
Aufgrund der Veröffentlichung im Maulbär wurde die Veröffentlichung um wenige Stunden auf 23.55 Uhr am 2. April vorgezogen.
Fünf wesentliche Säulen mit je fünf Maßnahmen sollen bis 2030 bearbeitet werden:
- Vorbild Verwaltung
- Vorwärts im Verkehr
- Vielfalt in der Vegetation
- Voll Volt
- Volle Versorgung
- Vorbild Verwaltung
Die Bezirksverwaltung selbst verfügt nicht nur über einen großen Gebäudebestand, ist damit großer Verbraucher und an der Schaltstelle der Veränderungen. Folgende konkrete Maßnahmen sollen bis 2030 umgesetzt sein:
- Im Zuge der Digitalisierung wird der Papierverbrauch gegenüber 2023 um 90 Prozent reduziert.
- Für alle Dienstgebäude wurde der energetische Sanierungsplan umgesetzt.
- Die Heizungsquellen in allen Dienstgebäuden werden ausgetauscht (dazu gehört auch die Nutzung von Abwärme der Serverräume), bei den bis 2030 dann insgesamt fast 50 Schulstandorten sowie in allen Kitas des Eigenbetriebes Südost im Bezirk sind ebenfalls zu mindestens 80 Prozent ausgetauscht.
- Das Verbrenner-Aus bei den bezirklichen Fahrzeugen ist auch auf die Nutzfahrzeuge (v. a. Straßen- und Grünflächenamt) ausgeweitet und umgesetzt.
- Die Stadtplanungsverwaltung lässt ab 2026 in Bebauungsplänen mit der Ausweisung von Geschosswohnungsbau nur noch Wohnungsbau mit mindestens fünf Vollgeschossen zu, um deutlich flächensparender neuen Wohnraum zu schaffen und mehr Freiflächen zu ermöglichen.
- Vorwärts im Verkehr
Für eine Verkehrswende ist der Bezirk auf die Mitarbeit einer Vielzahl von Beteiligten angewiesen. Er setzt daher auch bei Dritten Partnern Forderungen bis 2030 durch:
- Die Zahl der öffentlichen Elektroladesäulen hat sich gegenüber 2023 verzehnfacht.
- Bei der BVG setzt sich der Bezirk um eine deutliche Ausweitung der Nutzungsmöglichkeiten eines öffentlichen Nahverkehrs mit Fähren auf dem Wasser in die Innenstadt ein. Dazu soll moderne und nachhaltige Technik genutzt werden, die auch die Geschwindigkeiten auf dem Wasser ermöglicht, die deutlich schneller als der Ausflugsverkehr ist. Ziel ist eine Vervielfachung der Passagierzahl in Treptow-Köpenick auf Fähren im Nahverkehr. Im Übrigen muss sich das BVG-Netz mit Straßenbahn und Bus spürbar vergrößern. Der Bezirk wird dafür für den neuen Nahverkehrsplan, der den Plan 2019-2023 ersetzt, konkrete Vorschläge unterbreiten, die nach 2024 in die Umsetzung kommen müssen.
- Zur Senkung des Lieferverkehrs mit Fahrzeugen auf der Straße wird ein Netz mit Lieferbooten unterstützt, welche eine Vielzahl von Anlegemöglichkeiten im Bezirk erhalten. Dafür wird mit diversen Logistikunternehmen (u. a. DHL) zusammengearbeitet.
- Radwege werden kontinuierlich ausgebaut, auch am Ende des Jahrzehnts müssen jährlich fünf neue Radwegskilometer hinzukommen. Auf neuen Radwegen wird eine naturnahe Bauweise erprobt, die eine Versiegelung der Flächen deutlich reduziert.
- Der Bezirk setzt sich für den Weiterbau der A 100 und TVO ein, auch wenn diese dann nicht mehr im Bezirk verläuft. Die Entlastung des Durchgangsverkehr ist nach wie vor dringlich erforderlich, eine Erreichbarkeit der Gewerbegebiete auf kurzen Wegen umweltpolitisch geboten. Bei beiden Vorhaben sollen bis 2030 die Baubeginne erfolgt sein.
- Vielfalt in der Vegetation
Treptow-Köpenick ist der wald- und wasserreichste Berliner Bezirk und hat damit die besten Voraussetzungen, wegweisend im Naturschutz zu sein. Folgende Maßnahmen müssen dafür bis 2030 umgesetzt sein:
- Es werden kontinuierlich weitere Privatflächen, die auf den Markt kommen, zur Sicherung als Naturflächen und zur Renaturierung aufgekauft. Ziel muss es sein, dass mehrere Hektar Fläche von Privat- in Landesbesitz wechseln und diese Flächen entsiegelt, renaturiert und/oder dauerhaft dem Naturschutz zugeführt werden. Mindestens ein Hektar der neuen Flächen wird dabei ohne Einwirkung des Menschen der Natur selbst überlassen.
- Auf die Berliner Forsten wird eingewirkt, dass bis 2030 mindestens eine Million Bäume in den Wäldern des Bezirks neu gepflanzt werden.
- In Zusammenarbeit mit den Berliner Forsten werden die Randflächen von Wäldern (zu Straßen und Wegen) zu Blühstreifen umfunktioniert.
- Mittelstreifen auf vom Bezirk verwalteten Straßen werden als Blühstreifen oder zur Energiegewinnung genutzt (siehe IV.).
- In den bezirklichen Parks wird noch vor 2026 eine weitere Baumpflanzinitiative mit dem Ziel gestartet, neue, schnell wachsende Baumarten zu setzen, die besser mit den aktuellen Klimabedingungen zurechtkommen. Hinzukommen neue Streuobstwiesen, die auch einen Beitrag zur Versorgung der Bevölkerung dienen (siehe V.)
- Voll Volt
Eine der Schlüssel zur Klimaneutralität ist auch die Energiewende. Folgende Projekte setzt der Bezirk bis 2030 um:
- Maßnahmen zur Reduzierung des Energieverbrauchs, die aufgrund des Ukraine-Kriegs ergriffen wurden, sind selbstverständlich verstetigt worden (nur kaltes Wasser an Handwaschbecken, statt Dauerbeleuchtung Ein- und Ausschaltung durch Bewegungsmelder etc.)
- Auf geeigneten Lichtungen in Wäldern des Bezirks abseits von Wohngebieten werden mindestens fünf Windkraftanlagen errichtet und damit erstmals überhaupt im Bezirk die Windenergie genutzt.
- In Zusammenarbeit mit Energiekonzernen und Wohnungsgesellschaften ist in der Mehrzahl der Wohngebiete des Bezirks eine Wärmeplanung abgeschlossen, die Umstellung auf Nutzung erneuerbarer Energien bereits in mehr als der Hälfte der Gebiete realisiert.
- Ungenutzte und nicht anders nutzbare bezirkliche Flächen (z. B. Mittelstreifen auf Straßen) werden für die Gewinnung erneuerbarer Energien (z. B. PV-Anlagen) überbaut.
- Der Bezirk selbst ist darüber hinaus in die Energieproduktion eingestiegen und nutzt die Kompostabfälle der bezirklichen Grünanlagen und Friedhöfe als Biomasse zur Strom- und Wärmegewinnung.
- Volle Versorgung
Das Verhalten der Bevölkerung im eigenen Konsum muss sich ändern. Die Lebensmittelversorgung, aber auch der übrige Einkauf und Verbrauch von Gütern muss neu gedacht werden:
- Zur Vermeidung von Lieferverkehren wird viel stärker mit der Landwirtschaft und Erzeugerbetrieben aus dem benachbarten Brandenburg zusammengearbeitet. Großküchen, aber auch Einzelverbraucher sollen motiviert werden, Produkte aus Brandenburg zu kaufen. Dafür wird ein Netz aus Frischemärkten ausgebaut, aber auch im Lebensmitteleinzelhandel für mehr Regionalität geworben. Auch neue Streuobstwiesen sowie Obst aus dem Netzwerk „Essbare Stadt“ leisten einen Beitrag zur regionalen Versorgung.
- Die Nachnutzung von Benzin-Tankstellen wird zum Teil mit Milchtankstellen von Brandenburger Bauern ermöglicht.
- Die Vernichtung von Lebensmitteln in der Schulspeisung wird gegenüber 2023 um mindestens 70 Prozent reduziert, indem die Weitergabe an Berliner Tafeln umgesetzt wird bzw. der Bedarf besser gesteuert wird.
- Zur Schonung der Ressourcen werden in bezirklichen Einrichtungen Tauschmärkte und Repaircafés etabliert, die weit über die bisherigen Möglichkeiten hinausgehen.
- Die Verbraucherschutzberatung für die Bevölkerung wird bis 2030 im Bezirk (von nahezu null) deutlich ausgeweitet: an vielen Standorten muss es regelmäßig möglich sein, sich von professionellen Beraterinnen und Beratern zu allen Fragen beraten zu lassen, die auch Beiträge zur Klimaneutralität leisten (z. B. Energiesparberatung; Lebensmittelnutzung; Vertragsabschlüsse in allen Lebensbereichen)